Zweites Kapitel: Sorgfaltspflichten der Versicherungsunternehmen

3. Abschnitt: Besondere Sorgfaltspflichten und Massnahmen

Art. 20

Vermögenssperre und Informationsverbot



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Das Versicherungsunternehmen muss ihm anvertraute Vermögenswerte, die mit der Meldung nach Art. 9 Abs. 1 lit. c GwG in Zusammenhang stehen, unverzüglich sperren. Bei den anderen Meldungen nach Art. 9 GwG sowie Art. 305ter StGB muss das Versicherungsunternehmen die mit der Meldung im Zusammenhang stehenden Vermögenswerte sperren, sobald ihm die Meldestelle für Geldwäscherei mitteilt, dass sie die Meldung an eine Strafverfolgungsbehörde weiterleitet.

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Die Vermögenssperre ist während der Dauer von fünf Werktagen seit der Meldung nach Art. 9 Abs. 1 lit. c GwG resp. Weiterleitung aller Meldungen durch die Meldestelle für Geldwäscherei an die Strafverfolgungsbehörden aufrechtzuerhalten.

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Während der durch die Meldestelle durchgeführten Analyse führt das Versicherungsunternehmen Kundenaufträge im Zusammenhang mit den gemeldeten Vermögenswerten unter Wahrung des paper trails aus, sofern keine Pflicht zur Vermögenssperre gemäss Abs. 1 und 2 besteht (vgl. vorstehende Ziffern).

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Das Versicherungsunternehmen darf weder Betroffene noch Dritte darüber informieren, dass es eine Meldung nach Art. 9 dieses Gesetz oder nach Art. 305ter Abs. 2 StGB erstattet hat. Nicht als Dritte gelten die FINMA, die SRO-SVV und die Prüfgesellschaften, welche das Versicherungsunternehmen prüfen. Ausgenommen vom Informationsverbot bleibt die Wahrung eigener Interessen im Rahmen eines Zivilprozesses oder eines Straf- oder Verwaltungsverfahrens.



Vorbemerkungen


Die Bestimmung gibt im Wesentlichen den Inhalt von Art. 10 und 10a GwG wieder und hat keine weitergehende Bedeutung. Die folgenden Ausführungen erläutern nur einige wichtige Punkte.


Abs. 1:


Eine Pflicht zur unverzüglichen Sperre der Vermögenswerte, welche im Zusammenhang mit einer Geldwäschereimeldung an MROS stehen, besteht nur, wenn eine Meldung gestützt auf Art. 9 Abs. 1 lit. c GwG erfolgt ist (Verdacht auf die Involviertheit einer Person, welche auf einer Terrorismusliste aufgeführt ist; die massgebenden Listen sind in Art. 22a GwG umschrieben). Bei den anderen Meldungen gestützt auf Art. 9 GwG oder Art. 305ter StGB entsteht eine Sperrpflicht erst, wenn MROS die Meldung an die Strafverfolgungsbehörden weiterleitet und dies dem Versicherungsunternehmen mitteilt. Mit dieser zeitlich verzögerten Sperrung soll einerseits sichergestellt werden, dass die Behörden Vorabklärungen treffen können, ohne dass die betroffene Person davon Kenntnis erlangt und diese vereiteln kann. Andererseits soll durch die Sperrpflicht die Einziehung der kriminell erlangten Vermögenswerte ermöglicht werden. Es soll der Abfluss von Vermögenswerten verhindert, also die Substanz beibehalten werden, weshalb z.B. weder Barauszahlungen, Ausstellen von Checks, Ausführen von Zahlungs- oder Übertragungsaufträgen und Verpfändungen von Vermögenswerten vorgenommen werden dürfen. Die Vermögenswerte müssen den Versicherungsunternehmen anvertraut, d.h. übergeben sein. Die Vermögenssperre umfasst dabei nur diejenigen Vermögenswerte, die mit der Meldung in Zusammenhang stehen.


zu Abs. 2:


Die Frist läuft ab dem Tag, an dem das Versicherungsunternehmen die Meldung gemäss Art. 9 GwG Abs. 1 lit. c erstattet resp. MROS die Weiterleitung der anderen Meldungen mitteteilt hat, wobei dieser Tag nicht eingerechnet wird. Die Frist endet mit Ablauf des fünften Werktages. Als Werktage gelten nicht Samstage, Sonntage und gesamtschweizerische Feiertage.


zu Abs. 3:


In Abs. 3 wird klargestellt, dass Kundenaufträge auszuführen sind, falls keine Pflicht zur Sperre der Vermögenswerte besteht (aufgrund einer Meldung nach Art. 9 Abs. 1 lit. c GwG resp. Weiterleitung der Meldung durch MROS an die Strafverfolgungsbehörden). Diese Regelung soll sicherstellen, dass MROS ihre Analysen ohne zeitlichen oder sachlichen Druck durchführen kann. Gleichzeitig gilt es zu beachten, dass während der Analysetätigkeit Kundenaufträge im Zusammenhang mit den gemeldeten Vermögenswerten nur unter Wahrung des paper trails ausgeführt werden dürfen (keine Bartransaktionen). Die Ausführung von Kundenaufträgen birgt das Risiko in sich, dass gegenüber dem Versicherungsunternehmen der Vorwurf der Geldwäscherei erhoben wird. Innerhalb der Schweiz besteht auf Grund der expliziten Pflicht, solche Aufträge auszuführen, ein Rechtfertigungsgrund. Dies gilt jedoch nicht oder nur eventuell für ausländische Strafgesetze. In Zweifelsfällen kann die MROS kontaktiert werden, um sich nicht unnötig der Gefahr des Geldwäschereivorwurfs im Ausland auszusetzen.


zu Abs. 4:


Abs. 4 regelt das Informationsverbot und wird mit der Sicherstellung der Wirkung der Meldung und der Vermögenssperre begründet. Das Informationsverbot gilt ab Erstattung einer Geldwäschereimeldung und gilt zeitlich unbeschränkt (insbesondere auch nach Aufhebung einer Pflicht zur Sperre der Vermögenswerte). Das Informationsverbot gilt gegenüber dem Betroffenen und Dritten. Betroffene sind insbesondere die Vertragspartei, der Bevollmächtigte und die wirtschaftlich berechtigte Person. Nicht als Dritte im Sinne dieser Bestimmungen geltend die FINMA, die Prüfgesellschaft des Versicherungsunternehmens wie auch (für deren Mitglieder) die SRO-SVV. Zudem besteht das Informationsverbot nicht, wenn das Versicherungsunternehmen die erfolgte Meldung zur Wahrnehmung seiner Interessen im Rahmen eines Verfahrens oder Prozesses verwenden muss. Diese Einschränkungen des Informationsverbotes sind insbesondere vor dem Vordergrund wichtig, dass das Informationsverbot keiner zeitlichen Beschränkung unterliegt.


Gemäss der gesetzlichen Regelung in Art. 10 lit. a GwG darf das Versicherungsunternehmen zudem einen anderen Finanzintermediär über die erfolgte Geldwäschereimeldung informieren, soweit dies zur Einhaltung der Pflichten gemäss dem GwG erforderlich ist und sofern beide Finanzintermediäre:

  1. für einen Kunden aufgrund einer vertraglich vereinbarten Zusammenarbeit gemeinsame Dienste im Zusammenhang mit dessen Vermögensverwaltung erbringen; oder
  2. dem gleichen Konzern angehören.
  3. Diese Lockerung des Informationsverbotes soll die Sperrung von Vermögenswerten auch dann ermöglichen, wenn der meldende Finanzintermediär dazu selbst nicht in der Lage ist, aber weiss, welcher andere Finanzintermediär die Vermögenswerte sperren kann. Wesentlich ist, dass auch der zu informierende Finanzintermediär dem GwG unterstellt ist. Dies um die Einhaltung der Sorgfaltspflichten sicherzustellen.